Freitag, 26. August 2011

Festvorbereitungen oder: ich lebe mich so langsam ein

Ich bin jetzt 11 Tage hier und habe noch keinen "normalen" Arbeitstag hinter mir, denn im Projekt wird viel an den Kostümen für den Umzug gebastelt und gewerkelt. Gestern Nacht haben wir zu fünft sogar dort übernachtet und bis zwei Uhr nachts gebastelt. Wahnsinn!

Ganz grob sieht mein Tagesablauf folgendermaßen aus: um halb acht fahren wir mit dem Bus auf den Berg nach Sierra Morena in den Süden der Stadt. Um acht kommen die Kinder in den Kindergarten und Felix und ich begleiten sie mit Leier und Harfe in den Raum. Für eine harmonische Atmosphäre sorgen auch die Kerzen auf dem Tisch.
Nachdem wir das Essen verteilt haben mit den Profesores (Kindergärtnerinnen) und mit den Kindern gegessen haben, räumen wir den Essensraum auf und arbeiten in den Talleres (Werkstätten). Normalerweise gibt es de Handarbeitsraum, den Raum "numeros y letras", eine Werkstatt, einen Musikraum und die Bibliothek. Für jede dieser Klassen ist ein Lehrer verantwortlich und im Moment hat jede Klasse mit ihren Kostümen und Präsentationen zu tun.
Um viertel vor 12 ca. wird das Essen fuer die Kindergartenkinder verteilt und sie essen zu Mittag mit den Profes. Die anderen Mitarbeiter vom Projekt essen auch seperat im Lehrerzimmer und dann gibt es für mich Pause bis um halb zwei. Danach halte ich Wache bei den schlafenden Kindern einer Kindergartengruppe. In jeder Gruppe gibt es ca. 32 Kinder.
Es ist so schön, sie ruhig atmen zu hören, wenn sie schlafen und die Ruhe in diesem kleinen Raum mit so vielen Kindern (wenn sie denn schlafen) zu spüren.
Morgen ist das Fest und es gab heute schon die Generalprobe. Bei dem Umzug, der leider nur ganz kurz um das Haus herumgeht und über die Straße und nicht durchs Barrio, ist auch Polizei anwesend. Auch heute bei der Generalprobe liefen sie um uns herum und einer knippste die ganze Zeit Fotos. Merkwürdig ;-)

Ich bin am Mittwoch alleine Bus gefahren. Da es keine Haltestellen gibt musste ich mich einfach auf meinen Wiedererkennungssinn verlassen. Aber es hat gut geklappt und nach der Chor
probe wurde ich quasi auch nach Hause gebracht.
Ulkig ist, dass die Kolumbianer an Busse und Autos jegliche Lichter und Leuchten anbringen, auch Blaulicht und dann auch Geräusche machen wie ein Nebelhorn, wenn sie nicht gerade hupen.
Bei einer Busfahrt hat mich ein Mann auf deutsch angesprochen, denn er hatte uns auf deutsch reden hören. Er hat deutsch studiert, u.a. in Mannheim und jetzt ist er Museumsfuehrer im Museum National hier in Bogotá. Ich will gerne hin gehen.
Wenn man Bus fährt sieht man so Einiges von der Stadt. Unter anderem, dass es Straßen gibt, wo nur ein Produkt verkauft wird. Einmal ist es die Optiker-straße, dann die Matratzen-Straße und im Anschluss die Küchenstraße. Die Läden sind zur Straße hin geöffnet und es gibt reihenweise das Gleiche zu kaufen.
Sonst gibt es hier an jeder Ecke Läden wie Kioske oder Tante-Emma-läden. Interessant ist, dass die Läden, die Hygiene-oder Kosmetikartikel verkaufen Shampoo, Deo und co in Glasvitrinen verschlossen haben. Denn hier ist sowas echt teuer.
Was aber wirklich günstig sein kann ist Essen gehen. Ella, Felix und ich waren arabisch essen, Shawarma und Couscous und Mangosaft und Nachtisch und wir haben insgesamt nur 12 Euro bezahlt!

Eine lustige Anekdote zum Schluss:
Als ich eines Morgens im Badezimmer stand hörte ich Musik von draußen tönen, so, wie bei uns der Eismann klingelt, aber mit verschiedenen Liedern. Ich dachte komischer Weise, es könnte vielleicht der Weckdienst sein ;-) Der war es aber nicht, sondern... die Müllabfuhr!

Ich freue mich über Kommentare von euch!
Alles Liebe, eure Lili



die ersten Fotos

Der Blick auf einen kleinen Teil der Stadt, Sierra Morena






Fußball spielen in der Mittagspause



Der Kindergarten spielt vor dem Haus


Die Jungs (v.l. Falk, Bent, Felix) brauchen mal
eine Pause

Samstag, 20. August 2011

Die ersten Tage

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich erlebe jeden Tag tausend neue Dinge und versuche einfach, alles wahrzunehmen und mir zu bemerken!

Meine Arbeit, das Projekt
Diese Woche waren die Kinder nicht im Projekt, sondern nur die Mitarbeiter und Lehrer, denn wir haben sowas wie Seminartage mit Marc von der Waldorfschule in Salzburg, der mit uns Eurythmie macht, Formenzeichen, Plastizieren etc. Die Mitarbeiter von CES W haben noch nie Eurythmie gemacht und es ist interessant, wie gut es schon alle können. Aber deswegen weiß ich noch keine Aufgaben, die ich im Projekt haben werde.
Außerdem bereiten wir nach der gemeinsamen Arbeit mit Marc Dinge und Kostüme für den Karnevalsumzug nächste Woche Sonntag vor. Denn CES Waldorf wird 10 Jahre und das wird groß gefeiert.
Gestern haben wir im Projekt Geburtstag der "Augustkinder" gefeiert, sprich: auch meinen. Jeden Monat wird einmal gefeiert, gesungen und Kuchen gegessen. Es war schon sehr merkwürdig, weil mir dann auch alle gratuliert haben. Lustig :)

Wo ich wohne
Ich wohne zur Zeit bei einer Familie im Haus mit Ella zusammen, die Freiwillige, die ihr Jahr hier nächste Woche beendet und uns, die neuen Freiwilligen zusammen mit Jonas "einarbeitet" in das kolumbianische Leben. Zwei Minuten zu Fuß entfernt ist ein weiteres Haus, wo Felix wohnt. Wenn es klappt, werde ich in zwei Wochen dorthin ziehen, aber das ist noch nicht ganz klar.
Die Familie, bei der ich wohne hat zwei Söhne, einer von ihnen ist Lehrer in unserem Projekt und ist, glaub ich, 27, der andere Sohn ist 24. Da ich aber fast nie zu Hause bin und nur zum Schlafen hier, habe ich noch nicht so viel mit ihnen geredet.

kolumbianisches Essen
Als ich in mein Zimmer kam wurde ich direkt mit einem Frucht-teller empfangen und Lulo-saft!
Darauf habe ich mich so gefreut. Auf den Straßen gibt es auch kleine Stände, die Früchte verkaufen und ich war in einem Obst-und Gemüseladen, wo ich die Hälfte der Sachen noch nie gesehen oder gehört habe.
Auch in der Corporacion gibt es immer leckere Säfte, wie zum Beispiel Curubasaft mit Milch (Curuba kennt ihr vielleicht von dem Bier Veltins mit Curuba), tomate árbol (Baumtomate), mora-saft (Brombeere) usw.
Sonst habe ich noch Guyaraba probiert, Mango natürlich, und Grenadilla. Die Frucht knackt man auf und darin sind Kerne mit Glimmer drumrum. Diesen schlürft man dann aus. Die Frucht ist super lecker, aber dieser Inhalt erinnerte mich an Laichen oder Kaulquappen.
Ich habe auch schon anderes kolumbianisches Essen probiert.
Zum Beispiel platano (Kochbanane), Yucca (Wurzel der Yucca-palme) und Arepa. Arepa sind Maisfladen, die es ueberall auf der Straße zu kaufen gibt, meistens mit Käse dabei. Das erste Mal habe ich einen mit Chorizo gegessen, eine Wurst mit dicken Fettstücken drin. Die habe ich irgendwann rausgenommen und den Rest weggeworfen. Den Abend war mir richtig schlecht davon, wenn ich an diese Wurst gedacht habe.
In der Corporacion ist das Essen richtig lecker! Natürlich immer Reis.

Freizeit
Dafür, dass ich erst 4 Tage hier bin, habe ich schon einige Kurse hier, die ich gerne zu meinem Hobby machen wuerde fuer das Jahr. Ich war mit Jonas bei Sandra, die bei sich zu Hause einen Chor leitet. Die Leute dort sind überaus nett, sympathisch und undiszipliniert :D aber mir hat es so gut gefallen, dass ich gerne immer kommen würde.
Sandra hat dem Jonas auch Gesangsunterricht gegeben und dann als Tandem/Austausch hat er ihr Deutschunterricht gegeben. Sie hat mich auch gefragt, ob ich das dieses Jahr weiter machen würde.
Den Chorleiter von dem anderen Chor, den Jonas besucht hat, habe ich gestern auf dem Geburtstag von Christine, die 1. Generation der Freiwilligen bei CES W, kennengelernt. Er hat mich gefragt, ob ich in seinen Chor kommen will und würde sich sehr freuen.
Und heute war ich mit Ella beim Afro-dance. Das ist so irre. Einfach ganz anders und es macht so Spaß es zu tanzen, man fühlt sich frei und wild so... Und es wäre für mich auch eine Herausforderung, denn bei Choreografien einstudieren gebe ich gerne schnell auf, wenn ich es nicht direkt verstehe.
Meine Nachmittage, vor allem Abende waren sonst von Siestas geprägt.
Der kleinere Chor von Sandra hat für Jonas eine Überraschungs-abschiedsparty organisiert und ihm erzählt, sie würden ein Konzert haben. Die Überraschung war total gelungen. Wir sind in den Norden in eine Shopping Mall gefahren und sind dort in eine Bar gegangen die heißt Cabaret. Dort gab es erst ein Theater, dann eine Tanzshow mit mehreren Auftritten, dann haben die Barkeeper noch Cocktails gemixt, indem sie mit Flaschen, Mixern etc. jongliert haben und die Bar brannte (extra natürlich :)). Danach gab es dann eine Live-band die Salsa-musik gespielt hat und alle haben getanzt! Felix und ich haben draußen mit der Chefin gesprochen und sie hat uns ihre Nummer gegeben und gesagt, wenn wir nochmal Lust haben, sollen wir anrufen und sagen, wir seien die "Germany friends", dann würden wir kostenlos reinkommen und müssten keinen Eintritt zahlen.
Gestern waren wir auf einem Geburtstag eingeladen in einer Bar. Dort haben wir erst nur so gesessen und später auch getanzt (Salsa).

Das so zu meinen Erlebnissen. Jetzt meine Eindrücke generell:
Das Leben hier ist wirklich wie in einer Großstadt. Der Verkehr erinnert mich an Kairo, wild, hektisch, laut, viel. Man bewegt sich hier mit kleinen Bussen, denen man winken muss, wenn man mitfahren will, egal wo, Haltestellen gibt es nicht. Wenn ich den Berg von unserem Projekt runter zu meinem Haus fahre, fühle ich mich wie in der Achterbahn. wuuhuuh :-) Aber wenn mal echt was passiert, ist es wahrscheinlich wirklich nicht so lustig. Denn es ist schon gefährlich. Die Busfahrer fahren meistens so ruppig und schnell los, dass wenn man einsteigt oder aussteigt, man gucken muss, dass er nicht schon los fährt, wenn man mit einem Bein noch in der Tür hängt, die beim Fahren offen ist. Bis jetzt noch jedes Mal ein Erlebnis, besonders weil man sehr gut darauf achten muss, wo man aussteigen will. Jonas und Ella versuchen uns alles gut zu zeigen, dass wir uns in 8 Tagen selbst zurecht finden können.
Es gibt auch noch einen anderen Bus, den TransMilenio, der quasi die Metro einer großen Stadt sein soll. Dort begibt man sich in Stationen und der Busverkehr ist sehr viel geregelter als bei den kleinen Bussen.
Ich habe auch schon einen Unfall gesehen, aber die Leute standen auf der Straße und haben gestritten, es war nichts Gravierendes. Da die Autos nie blinken, sondern höchstens hupend die Spuren wechseln, kommt es wahrscheinlich öfters zu Anstößen.

Überall, wo man sich aufhält, läuft Musik, im Bus, im Parkhaus, auf der Straße aus Häusern oder Bars und im Haus. Bis jetzt erscheint mir das als sehr sympathisch!
Bogotá ist einfach riesig. Vom Projekt aus hat man einen guten Blick über die Stadt (ich werde es euch zeigen, wenn ich das nächste Mal meine Kamera mitbringe. Bis jetzt habe ich noch gar keine Fotos gemacht), trotzdem kann man nie alles sehen.
Es gibt viele Straßenhunde, die überall rumlaufen und im Müll, der auf den Straßen liegt, nach Essen suchen. Bei unserem Projekt gibt es auch viele in der Nähe. Einer hat sogar schon nach Felix geschnappt, obwohl Ella meinte, dass die Hunde bis jetzt nie was gemacht hätten und auch eher Angst hätten. Der Hund hat aber gar nicht richtig gebissen oder so.
Zum Wetter: da es ja keine Jahreszeiten gibt, ist das Wetter also immer gleich und so kenne ich es jetzt auch schon. Abends wirds schon sehr kalt und Leggings ist dann echt fast zu kalt. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, sitzt man jedoch im T-shirt in der Sonne. Aber mir gefällt es so. Ich mag es nicht so gerne zu warm.

Ich fühle mich sehr wohl und freundlich empfangen überall. Dass ich kein Spanisch spreche ist sehr hinderlich und macht mich schüchtern, bzw. so, dass ich von selber eher kein Gespräch suche, weil ich gar nicht weiß, was ich sagen soll. Deswegen wird mein Hobby auch das sein, dass ich mich abends hinsetze und spanisch lerne!

Liebe Grüße und bis bald,
eure Lili


Dienstag, 16. August 2011

Ankunft

Nachdem ich jetzt über 24 Stunden wach bin und so einiges erlebt habe, sitze ich müde in dem Haus, in dem ich ein Jahr wohnen werde.
Felix, mein Mitfreiwilliger und ich wurden gebührend empfangen!

Dass wir zu spät am Flieger waren und der Gepäckschalter schon geschlossen hatte, ich dann mit allem Gepäck in den letzten Bus gehechtet bin um eine viertel Stunde nach dem "last call" als letzte boarden konnte hat meine Reise eher wenig beeinträchtigt.
Leider mussten mein Taschenmesser und meine Schere in den Müll wandern. mhmh. Aber was noch viel schlimmer war, dass ich mich wegen der Hektik nicht richtig verabschieden konnte. Vielleicht ist es besser gewesen... Así es la vida!


Dieser Eintrag jetzt nur, damit ihr ein erstes Lebenszeichen von mir hört, genaueres, wenn ich genaueres weiß!
Morgen muss ich erstmal um halb acht im Projekt sein für den Eurythmie-workshop!

Liebe Grüße nach Deutschland!