Geschichten von der Arbeit
Während des Mittagsschlafes der kleinen Kinder habe ich meistens Ruhe und schlafe selber ein wenig. Manchmal auch nicht. Aber wenn ca. eine Stunde vorbei ist, kommen die Profes aus ihrer Mittagspause zurück und wecken die Kinder. Dann laufe ich schnell hoch, um im PAES zu helfen. Am Mittwoch war es anders und ich sollte die Kinder alleine in meiner Gruppe wecken, da die Profes noch in der Konferenz steckten. Ich hatte es richtig schwer, respektiert zu werden und ich glaube, das liegt (vor allem) an der Sprache, da ich einfach noch zu schlecht spreche, um klare Ansagen zu machen. Beim Toben fing ein Kind an zu weinen, weil es zu wild wurde. Das habe ich als meine Chance gesehen und es vor die Kinder gestellt und gesagt: „Guckt mal, das passiert, wenn man so tobt und nicht hört.“ Es hat wunderbar geklappt :) Von da an gab es viele Kinder, die mir halfen, die Matratzen und Decken wegzuräumen und mir erklärten, wo die Sachen hingehören.
Am Donnerstag waren wir mit den Kindergartenkindern in einem Park, der ganz im Süden von Bogota angelegt ist, um in der Regenzeit den Fluss zu lenken, damit er die umliegenden Barrios nicht überflutet. Außerdem gibt es dort ein Garten, indem ohne Chemikalien, also biologisch, gearbeitet wird. Die Kinder hatten die Möglichkeit, einen kleinen Baum zu pflanzen und sich den Park etwas genauer anzuschauen und darin zu spielen. Mit 13 Betreuern und 66 Kindern sind wir in zwei Bussen ca. eine Stunde zu dem Park gefahren. Der Tag war sehr schön und den Kindern hat es, glaube ich, gut gefallen. Ich hatte ein bisschen ein Herbstgefuehl als ich durch die Natur ging und Blätter und etwas ähnliches wie Eicheln auf dem Weg liegen sah. Hier gibt es keine Jahreszeiten. Das Wetter ist immer gleich (und es wird pünktlich um 6 Uhr dunkel!) Der schöne Herbst.. das ist so die erste Sache, die ich an Deutschland vermisse und mir bis jetzt eingefallen ist (wohlbemerkt Sache, nicht Mensch!).
Gestern hatten wir in der Corporacion unser Fest der „Amor y Amistad“ - der Liebe und Freundschaft. Jeder hat dort ein Geschenk bekommen. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass das so groß gefeiert wird, aber der Kindergarten war mit Luftballons und Luftschlangen hergerichtet, es gab Fingerfood und eben einen riesigen Berg Geschenke. Dann haben wir tingo, tengo, tango gespielt (eigentlich unwichtig, aber der Name des Spiels ist so lustig;)). Immer, wenn einer ausgesucht wurde, der als nächstes sein Geschenk bekam, sind alle total ausgerastet und haben wild und ausgelassen geschrien und geklatscht. Sie sind wir alle verrückt! Ich habe ein paar wunderschöne Ohrringe bekommen und eine Mochila, so eine Art gehäkelte Beuteltasche! Nach der Feier im Kindergarten sind einige noch in einen Club gegangen. Mir hats dort aber nicht so gut gefallen.
Nochmal zum Projekt allgemein (und um ein bisschen Evelyns Fragen zu beantworten): Das Projekt besuchen die Kinder aus dem Barrio, in dem es sich befindet. Es ist einer der ärmsten Stadtteile der Stadt, die Eltern zahlen nichts dafür. Der Kindergarten ist aus der Geschichte hervorgegangen. Der Gründer des Projektes, Helmut von Loebell, hat damals für einige Familien Häuser errichten lassen und dann auch einen Kindergarten dazu. Er ist ursprünglich Deutscher und ist an der Waldorfschule in Salzburg tätig. Das heißt, er inspiriert den Kindergarten sehr mit Waldorf-ideen. Die Erzieher haben meines Wissens keine Waldorfausbildung. Das können sie sich nicht leisten. Aber es kommen immer wieder Menschen, die neue Impulse geben oder mit ihnen zusammen arbeiten, wie zum Beispiel der Eurythmie-Marc aus der Schweiz. Es gibt auch noch andere Kindergärten in dem Barrio. Aber in unserem Projekt gehen sie sehr gut mit den Kindern um und das spricht sich herum. Das ist der Grund, weshalb eine kolumbianische Familie ihr Kind gerne dort für 8 Stunden abgibt. Alle Kinder, die dort sind, stammen also aus armen Familien. Der Kindergarten wird von der Stadt Bogota finanziert. Das PAES (Programm für die älteren Kinder) läuft fast komplett über Spenden, u.a. über die Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e.V. und die Finanzierung ist jedes Jahr nicht ausreichend gesichert. Deshalb sind Aktionen wie der Wow-Day auch sehr wichtig für das Projekt. Dieses Waldorfprojekt unterscheidet sich von anderen Waldorfschulen, die oft in reichen Vierteln der Stadt liegen und es viele Eltern gibt, die viel Geld dafür bezahlen. Vielen Dank für die Fragen, Evelyn!
Aus dem kolumbianischen Leben:
Auf den Straßen gibt es alle paar Meter viele viele Straßenverkäufer mit allen Sachen, die man sich vorstellen kann, aber besonders Mützen, Schals, Handys, Dvds und Messerschleifer (nein, das letzte ist nur ein Scherz, aber gibt es natürlich auch!).
Ich bin heute bei einer Jacke stehen geblieben und war mit der Frau am handeln, da war innerhalb weniger Sekunden alles zusammen geräumt und sie war weg mit ihrer Ware. Ich drehte mich um und sah, dass auf einmal alle Stände, die eben noch dagewesen waren, alle verschwunden waren. Der Grund dafür waren die Polizisten, die ich dann kommen sah. Sie haben die Verkäufer verjagt. Aber sobald die Polizei vorbei ist, wird alles so schnell wieder aufgebaut, wie es abgebaut wird.
Weitere Kopf-schüttel-Dinge:
- Mani- und Pediküre ist hier spottbillig. Auch die Männer lackieren sich die Nägel!!
- Viele Dächer der Häuser oder überdachten Höfe bestehen aus Wellplastik. In meiner alten Gastfamilie, bei Falk, ist ein Hund durchs Dach gefallen. Er ist zum Glück auf der Treppe gelandet und hat sich nur ein Bein gebrochen. Wäre er einen Meter weiter links gefallen, wäre er bestimmt tot.
- In Kolumbien isst man frittierte Schweinehaut – Chicharon genannt – und zwar in einer Chipstüte mit anderen „Köstlichkeiten“.
- Es gibt hier Hamburger mit Regenwürmern?!?!?!?! Aber das muss ich nochmal genauer prüfen!
Hey meine Tolle,
AntwortenLöschenich freu mich, so oft und so viel von deinem Leben in Bogota zu erfahren!Dein Blog ist toll(so wie die anderen es auch schon waren;))
Frittierte Schweinehaut- hmm, das klingt doch wirklich gut:) Hast schon probiert?
Bäume und Büsche färben sich hier allmälich und es sieht wirklich schön aus. Ich freu mich, den Herbst hier noch einmal zu erleben; auf den Wintet verzichte ich dann dieses Jahr aber gerne;)
Ich drück dich ganz fest, viele Küsse, Cary<3
Hallo Lili,
AntwortenLöschenvielen Dank für die netten und interessanten Einblicke in Dein Leben:-) Oma Eike liest regelmäßig Deine Blogs dem Opa Rudi vor. Wolfgang und ich sind beim Lesen etwas in Verzug, werden es aber nachholen;-)
Jetzt sitzen wir gerade bei einer Tasse Kaffee und selbst gebackenen Apfelkuchen bei Eike und Rudi:-) Das Wetter ist richtig herbstlich hier.
Ganz liebe Grüße von Eike, Rudi, Wolfgang, Christiane und Ariane
PS: Ich schreibe Dir bei Gelegenheit eine persönliche Mail.
Hallo Lili.Sorry das ich erst jetzt schreibe,ich bin vorher noch nicht dazu gekommen.Hier war irgendwie so viel Stress.Aber das kennst du ja:)
AntwortenLöschenDas war jetzt auch wegen Mummus Umzug und desshalb war Mama so wenig hier und ich hätte sie nicht fragen können,ob ich mal deinen Blog lesen darf,und ein Komentar schreiben.jetzt am Donnerstag wird entschieden,wohin das Geld vom Wow-Day geht.Dein Projekt hat ziemlich gute Chancen.So
Ich melde mich per E-mail,wenn entschieden ist,wo das Geld hingeht.
HDGGGGGGGGGGGGGGDL Deine Leny<3 <3
hey,
AntwortenLöschenmach immer immer weiter so mit deinem blog!! ahh, ich hab so lust einfach in ein flugzeug zu steigen und wieder nach kolumbien zu fliegen! hier ist mein leben gerade immer noch ein bisschen durcheinander. mal sehen, wie ich das auf die reihe bekomm. ich hatte erst gedacht, dass das mit dem wieder-einleben ganz schnell ging. jetzt bin ich mir gerade gar nicht so sicher, ob ich überhaupt schon angekommen bin. ich schick dir viele saludos und besos und abrazos und hoffe bald schon wieder von dir zu hören...